Hämorriden.
7.1.2 Hämorrhoiden
Synonyme
Epidemiologie
Bei 70% der Erwachsenen meist symptomlos nachweisbar. Prävalenz symptomatischer Hämorrhoiden: 4.4%; beide Geschlechter; bevorzugte Altersgruppe 45-65 Jahre.
Definition
Hyperplasie des submukösen arteriovenösen Gefässpolsters (Corpus cavernosum recti) am anorektalen Übergang. Hämorrhoiden haben nicht immer einen Krankheitswert (hämorrhoidaler Symptomenkomplex).
Aetiologie & Pathogenese
Degradierung der Matrix durch Matrixmetalloproteinasen und Verlust elastischer Fasern. Dies begünstigt die Dilatation und den Prolaps der hämorridalen Venenkonvolute mit Rückflussstörung.
Prädisponierende Faktoren: genetische Disposition, Bindegewebsschwäche, starkes Pressen (chronische Obstipation), häufiges schweres Heben, sitzende Lebensweise, Multipara, portale Hypertension, Anorektale Varizen.
Symptome
Frischblutauflagerungen (hellrot), Pruritus, Stechen, Schmerzen oder Brennen bei und nach dem Stuhlgang, Nässen, Schleimabgang, Gefühl der unvollständigen Entleerung, falscher Stuhldrang, Analvenenthrombose.
4 Schweregrade (siehe Klassifikation).
Lokalisation
Prädilektionsstellen (Steinschnittlage): 3 Uhr, 7 Uhr, 11 Uhr.
Klassifikation
4 Schweregrade:
- Grad I: Nur proktoskopisch nachweisbare, tiefrote, knotige, weiche Vorwölbungen proximal der Linea dentata; kein Prolaps
- Grad II: Beim Pressen aussen sichtbarer Prolaps mit spontaner Retraktion
- Grad III: Beim Pressen partieller/totaler Analprolaps ohne spontane Retraktion, manuelle Reposition möglich
- Grad IV: Fixierter, nicht reponierbarer partieller/totaler Analprolaps
Labor & Zusatzuntersuchungen
Inspektion, digitale Palpation; Proktoskopie, Rektoskopie.
Dermatopathologie
Üblicherweise nicht erforderlich. Gefässe, glatte Muskulatur, Bindegewebe und Epithel des Analkanals. Cave: Blutung aus arteriovenösen Shuntgefässen.
Verlauf
Abhängig vom Entwicklungsgrad (siehe Klassifikation). Konsolidierung oder Übergang in Stadium IV. Meist Heilung spontan oder unter Therapie.
Komplikationen
Irritatives Perianalekzem, Hämorrhoidalvenenthrombose, Sekundärinfektion, Ulzeration, Abszess; Stuhlinkontinenz.
Diagnose
Anamnese, Inspektion mit Pressversuch, digitale anale Untersuchung. Proktoskopie; Rektoskopie oder Colonskopie bei starker Blutung insbesondere bei Alter >50 Jahre zum Ausschluss einer Neoplasie.
Differentialdiagnosen
Analfissur, Perianalabszess, perianale Fisteln, Analprolaps, Analfibrom, Rektumpolyp, Condylomata acuminata, Anal- oder Rektumkarzinom, Gefässtumoren einschliesslich Kaposi Sarkom.
Therapie & Prävention
Allgemeinmassnahmen: Analhygiene (seifenfreie Waschung nach der Defäkation), kein Pressen bei der Defäkation. Training der Beckenmuskulatur.
Symptomatische Therapie mit Hämorrhoidenmitteln: nur kurzzeitig oder adjuvant bei akuten schmerzhaften Reizzuständen. Natürliche Stuhlregulierung (ballaststoffreiche Ernährung, Weizenkleie, Leinsamen), genügende Flüssigkeitszufuhr, ausreichende Bewegung, Vermeidung von nicht-steroidalen antiinflammatorischen Medikamenten, scharfen oder fetten Speisen; keine Fruchtsäfte.
Topische Behandlung mit Glukokortikosteroiden (kurzfristig) und lokalen Anästhetica, Menthol, adstringierenden Externa (Ichthyol), Sitzbäder.
Chirurgische (interventionelle) Behandlung:
- Grad I: Sklerotherapie
- Grad II: Gummibandligatur, besonders bei akuter Blutung (portale Hypertension, Koagulopathie) Infrarot-Koagulation, Kryochirurgie
- Grad III und IV: Hämorrhidenoperation
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