1.1.3.1 Arzneiexanthem

Synonyme

Arzneimittelexanthem; Drogen-Reaktion.

Epidemiologie

Häufigkeit bei hospitalisierten Patienten bis zu 5%. Prädisponierende Faktoren: fortgeschrittenes Alter, Grunderkrankungen, genetische Faktoren, Polytoxikomanie (gleichzeitige Verwendung viele Medikamente). F>M.

Definition

Unerwünschte (nicht pharmakologische, nicht toxische) Nebenwirkung von Medikamenten an der Haut.

Aetiologie & Pathogenese

Unterschiedliche Mechanismen: immunologisch (Typ I, III und IV Reaktionen, teils kombiniert); nicht-immunologisch (pseudoallergisch, Überdosierung, kumulativ toxisch).

 

Häufigste Auslöser:

  • Antibiotika (z.B. Sulfonamide, Ampicillin, Penicilline, Cephalosporine)
  • Antiphlogistika; NSAID
  • Antiepileptika (z.B. Hydantoine, Barbiturate)
  • Diuretika
  • Kontrastmittel

Symptome

Grosse morphologische Vielfalt, Simulation zahlreicher Dermatosen; meist grössere Hautareale betroffen, meist juckend. Schleimhautbefall und Mitbeteiligung innerer Organe (Leber, Niere) möglich.

 

  • Urtikariell/Angioödem: häufig direkt im Zusammenhang mit der Medikamenteneinnahme (27%)
  • Kleinfleckig erythematös-morbilliforme meist mit 5-15-tägiger Verzögerung (30%)
  • Fixes («toxisches») Arzneiexanthem (16%)
  • Weitere Erscheinungsformen: Erythema multiforme, vesikulöse oder bullöse, vaskulitische akneiforme, pustulöse  Eruptionen, Pruritus
  • Schwerste Medikamentennebenwirkung: Dermatitis exfoliativa, Stevens-Johnson Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse (Lyell-Syndrom), DRESS-Syndom
  • Mögliche Allgemeinsymptome: Fieber, Schüttelfrost, Lymphadenopathie, Arthralgie, Atemnot

Lokalisation

Sehr variabel; üblicherweise symmetrisch. Haut, Schleimhäute; seltener: innere Organe, Gelenke.

Klassifikation

(siehe Symptome)

 

Häufig:

  • Makulopapulöses Arzneimittelexanthem
  • Urtikarielles Arzneimittelexanthem
  • Vaskulitis
  • Fixes («toxisches») Arzneimittelexanthem

 

Seltener:

  • Spezielle Exantheme (z.B. akneiform, pustulös, lichenoid)
  • Erythema nodosum
  • Phototoxische Dermatitis
  • Erythema exsudativum multiforme
  • Toxische epidermale Nekrolyse (TEN)

Labor & Zusatzuntersuchungen

Blutbild: Nieren- und Leberwerte zum Ausschluss einer systemischen Beteiligung im Rahmen der Arzneimittelnebenwirkung.

 

Gelegentlich periphere Eosinophilie

 

Nach Abheilung ätiologische Diagnostik mittels Haut- und in-Vitro-Tests (nur für ausgewählte Medikamente standardisiert, z.B. IgE-vermittelte Penicillinallergie).

 

Nach Abheilung: in-vitro Test; vorsichtige in-vivo Provokationstestung (CAVE: Übergang in schwere, lebensgefährliche Reaktionsformen bei Reexposition möglich).

Dermatopathologie

Sehr variable; in Abhängigkeit vom klinischen Erscheinungsbild.

Verlauf

Hautveränderungen verschwinden nach Absetzen des verantwortlichen Medikamentes.

Komplikationen

Beeinträchtigung von Leber, Niere, Blutbild.

Diagnose

Anamnese (zeitlicher Zusammenhang mit Medikation), Klinik, Histologie und Labor. Verschwinden der Hautveränderungen nach Absetzen des auslösenden Medikamentes. Studium des Beipackzettels.

Differentialdiagnosen

Sehr vielfältig (siehe Symptome)

 

Andere generalisierte Exantheme je nach vorliegender Morphe, z.B. virale Exantheme oder Lues II bei makulopapulöser Reaktion, Exantheme bei Lupus erythematodes.

 

Photodermatitis, akut exanthematöse Pustulose, neutrophile Dermatose, Erythema nodosum, acneiforme, lichenoide Eruptionen, Vasculitis, Sklerodermie-artige Veränderungen, pseudolymphomatöse und granulomatöse Reaktionen, Panniculitis, Erythrodermie.

Therapie & Prävention

Absetzen der verdächtigen Medikamente, Antihistaminika, Kortikosteroide lokal und evtl. systemisch. Allergiepass! Hospitalisierung bei schweren Verläufen.

Artikel als ungelesen markieren
Dieser Artikel ist als gelesen markiert
Artikel als gelesen markieren

Kommentare

Sei der Erste, der einen Kommentar hinterlässt!