Artefakt Krankheit, Selbstverstümmelungs Krankheit.
7.2.2 Artefaktdermatitis
Synonyme
Epidemiologie
1:23 000 bei Kindern. Häufiger in fortgeschrittener Adoleszenz (Teenager) und bei Erwachsenen; F>M 8:1.
Definition
Hautveränderungen durch Selbstschädigung; Fehlen einer organischen medizinischen Ursache mit dem nicht eingestandenen Ziel eine Patientenrolle mit Aufmerksamkeits- bzw. Krankheitsgewinn zu übernehmen.
Aetiologie & Pathogenese
Vorgetäuschte Störung mit vorwiegend körperlichen Zeichen und Symptomen, um Aufmerksamkeit auf die eigene Person zu lenken. Im Unterschied zur Simulation ist dies nicht rational gesteuert zwecks Arbeitbefreiung oder eines Rentenbegehrens. Eine Hospitalisation wird meist abgelehnt, um sich einer dauernden Beobachtung zu entziehen.
Symptome
Unterschiedlich, meist mechanisch oder chemisch (Säuren) induzierte atypische Hautläsionen von der Exkoriation bis zur Ulzeration.
Lokalisation
Gut erreichbare Körperstellen; schlecht oder nur indirekt (Werkzeuge) erreichbare Regionen sind typischerweise ausgespart.
Klassifikation
Keine. Beim Münchhausen-Syndrom besteht der Wunsch nach Hospitalisation, bei der Dermatitis artefacta nicht.
Labor & Zusatzuntersuchungen
Unnötige Tests und Untersuchungen sind zu vermeiden, obwohl gelegentlich «echte» Erkrankungen ausgeschlossen werden müssen.
Dermatopathologie
Möglichst zu vermeiden. Histologisches Bild von unterschiedlich ausgeprägten Gewebedefekten.
Verlauf
Chronisch, selbst bei psychologischer und psychiatrischer Betreuung.
Komplikationen
Infektionen, narbige Defektheilung, Funktionsverlust (Extremitäten); unnötige medizinische Behandlung kann zusätzlichen Schaden verursachen.
Diagnose
Vorsichtig zu stellen!
Besondere, für den Patienten leicht erreichbare Lokalisation, oft bizarre Konfiguration, anderweitig nicht erklärbar: Ausschlussdiagnose!
Sorgfältige psychologische Exploration und Ausschluss eventuell auch gleichzeitig bestehender, organischer, nicht psychiatrischer Ursachen.
Differentialdiagnosen
Sehr breit, je nach Befund. Pyoderma gangraenosum (oberflächliche Form);
«Münchhausen-Syndrom».
Therapie & Prävention
Okklusionsbehandlung unter (stationärer) Beobachtung, Psychotherapie, Psychopharmaka.
Bemerkungen
Beim «Münchhausen-Syndrom» besteht meist der Wunsch zur Hospitalisation im Zusammenhang mit einem Rentenbegehren. Die Hautläsionen können absichtlich (im Auftrag) auch durch eine Fremdperson erzeugt worden sein.
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