1.1.2.2 Allergische Kontaktdermatitis

Synonyme

Allergisches Kontaktekzem.

Epidemiologie

15–20% der Bevölkerung.

Definition

Häufige Ekzemform, bedingt durch allergische Reaktion vom verzögerten Typ (Typ IV) auf exogene (Kontakt-) Allergene (Haptene) auf der Haut.

Aetiologie & Pathogenese

Durch allergenspezifisch sensibilisierte T-Lymphozyten verursachte allergische Reaktion (Typ IV nach Coombs und Gell). Sensibilisierungszeit 5-10 Tage; die klinische Sensibilisierungslatenz kann Monate bis Jahre dauern. Das Ekzem tritt beim Sensibilisierten nach Allergenkontakt mit einer Latenz von 8-24 Stunden, gelegentlich auch später, auf. Die einzelnen Allergene haben eine unterschiedliche allergisierende Potenz.

 

Häufige Kontaktallergene:

 

  •  Metalle (z.B. Nickel in Ohrschmuck, Jeansknöpfen, Münzen)
  •  Duftstoffe (in Kosmetika, Pflegeprodukten, Industrieprodukten)
  •  Natürliche Stoffe (z.B. Kolophonium, Perubalsam, Kompositen = Korbblütler)
  •  Gummiinhaltsstoffe (Gummiadditiva wie Thiurame, Carbamate)
  •  Nicht Latex (= IgE-vermittelte Allergie vom Soforttyp)
  •  Konservierungsstoffe (z.B. Isothiazolinone, Methyl-3-bromo-butyronitril, Formaldehyd)
  •  Berufliche Substanzen (z.B. Epoxide, Chromsalze (Zement und Leder), p-Phenylendiamin)

Symptome

  • Akut: Am Einwirkungsbereich des Allergens akutes Auftreten von Rötung, Ödem, Papulovesikel mit rascher Erosion und konsekutivem Nässen. Starker Pruritus. Unscharfe Begrenzung, Streureaktionen. Später zusätzlich Schuppung und Krusten.
  • Chronisch: Rhagaden, Hyperkeratose und Lichenifikation.
  • Primär chronisch verlaufendes allergisches Kontaktekzem möglich.

Lokalisation

Je nach Exposition unterschiedlich. So genannte systemische (hämatogene) Kontaktdermatitis durch systemische (perorale, inhalatorische) Aufnahme des Kontaktallergens.

 

Spezielle Manifestationsorte und deren mögliche Allergene:

 

  • Gesicht: Kosmetika, aerogene (luftübertragene) Allergene (Lacke, Epoxide)
  • Ohren: Schmuck, Brille, Hörgerät
  • Lippen: Kosmetika, Virustatika
  • Stirn/Nacken: Shampoos, Haarfärbemittel
  • Hals/Finger/Handgelenk: Schmuck
  • Hände: Berufliche und hobbymässige Kontaktallergene
  • Achseln: Deodorantien
  • Füsse: Schuhe, Antimykotika
  • Mundschleimhaut: Zahnprothesenstoffe

 

Unterschenkel: Gummistrümpfe, Salben.

Klassifikation

  • Akut
  • Chronisch
  • Rezidivierend

Labor & Zusatzuntersuchungen

Epikutantestung: Standardreihe, Spezialreihen für bestimmte Berufsgruppen und Tätigkeitsbereiche, ggf. Eigensubstanzen. ROAT (Repeated Open Application Test) bei gering allergenen Substanzen.

Dermatopathologie

Parakeratose, Spongiose, Akanthose, entzündliches lympho-histiozytäres Infiltrat mit Exozytose von Lymphozyten in die Epidermis.

Verlauf

Die klinische Symptomatik klingt üblicherweise nach Allergenvermeidung innert 1-2 Wochen ab, die Kontaktsensibilisierung bleibt meistens das ganze Leben persistent.

Komplikationen

Impetiginisierung, Erythrodermie, chron. persisitierendes Ekzem (auch nach Allergenvermeidung). Ausbreitung der Ekzemherde bis zur Erythrodermie.

Diagnose

Detektivistische Erhebung der Anamnese (berufliches und privates Umfeld, Hobbies, etc.), Epikutantestung gemäss Vorgeschichte.

Differentialdiagnosen

Bei Hand- und Fussekzem: Mykose. Zum Teil schwierige Abgrenzung gegen  kumulativ-toxisches Kontaktekzem, Psoriasis.
Therapieresistente umschriebene Ekzeme: Morbus Bowen, Lupus vulgaris, Morbus Paget.

 

Kontakt mit Latex-Artikeln kann eine IgE-vermittelte Soforttyp-Reaktion und zusätzlich eine Spättyp-Reaktion IV gegen Gummi-Accelaratoren auslösen.

Therapie & Prävention

  1. Allergenkarenz
  2. Zusätzliche irritative Noxen ausschalten (z.B. Syndets statt Seifen)
  3. Lokalbehandlung:
    - akut nässendes Ekzem: feuchter Umschlag/Bäder
    - Glukokortikoide in der, der Akuität der Hautläsionen angepassten
      Galenik (Creme, Lotion)
    - Bei Impetiginisierung zusätzlich antimikrobielle Therapie
    - In der Abheilungsphase Rückfettung.
  4. Bei chronischem Verlauf allenfalls
    - Teerpräparate (Magistralrezeptur) und Keratolytika
    - Lichttherapie
    - In ausgewählten Fällen Röntgentherapie    
  5. Bei schweren therapieresistenten Handekzemen Alitretinoin (Toctino®)
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