Einfache Fälle
Fall 48
89jährige bettlägerige Patientin mit tiefem Gewebedefekt über dem Sakrum.
Anamnese
An was leidet die Patientin?
Fremdanamnese (betreuende Krankenschwester im Altersheim): Diese Frau lebt seit Jahren bei uns im Altersheim. Vor einem halben Jahr hat sie einen Hirnschlag erlitten und ist seither schwach und bettlägerig. Und nun hat sie diese offene Stelle am Rücken.
Offene Fragestellung zur Einleitung ist gut. Beachte die Antwort. Diese Hautveränderung tritt typischerweise meist bei alten Patienten, bei Marasmus, nach cerebrovaskulärem Insult, komatösen Zuständen etc. auf. Bei jungen, organisch gesunden Patienten: Vorkommen nur im Rahmen eines Komas (posttraumatisch, Intoxikation, Suizidversuch).
Hat sie Schmerzen?
Fremdanamnese (betreuende Krankenschwester im Altersheim): Sie kann uns das nicht sagen. Ich glaube aber schon, dass die Patientin Schmerzen hat, da sie ab und zu sehr unruhig ist.
Schmerzen können je nach Schweregrad (vgl. Klassifikation) heftig sein oder fehlen. Die altersbedingte herabgesetzte Schmerz-empfindlichkeit spielt bei der Enstehung eine wesentliche Rolle.
Welche Therapie wurde bisher veranlasst?
Fremdanamnese (betreuende Krankenschwester im Altersheim): Wir haben einen Verband angelegt und die Patientin mehrmals täglich umgelagert.
Wichtige Frage, da sowohl bei der Therapie, als auch in der Prophylaxe häufig Fehler begangen werden.
Leidet die Patientin noch an anderen Krankheiten?
Fremdanamnese (betreuende Krankenschwester im Altersheim): Ja, sie leidet an einem Diabetes, einer Niereninsuffizienz und einer koronaren Herzkrankheit.
Wichtige Frage, um zusätzliche Risikofaktoren für die Entstehung dieser Hautveränderung zu erfassen.
Wie oft haben sie die Patientin umgelagert?
Fremdanamnese (betreuende Krankenschwester im Altersheim): Etwa alle zwei bis drei Stunden.
Wichtige Frage, da zu lange Lagerungsintervalle (> 2h) häufige Fehler in der Prophylaxe darstellen.
Wurde Physiotherapie durchgeführt?
Fremdanamnese (betreuende Krankenschwester im Altersheim): Nein, bis jetzt nicht.
Physiotherapie ist eine zusätzliche hilfreiche Therapiemassnahme, auch zur Prophylaxe.
Effloreszenzen
Wählen Sie die richtigen Effloreszenzen:
Richtig, es handelt sich um ein grosses Ulcus, tiefgreifend bis auf Faszien und Muskulatur.
Nein. Der Begriff Poikilodermie steht für ein buntscheckiges Bild mit Hyper-und Hypopigmentierungen, streifige und netzförmige Erytheme, Teleangiektasien und Hautatrophie.
Nein, eine Fissur ist ein schlitzförmiger Defekt (Rhagade) im Bereich eines Ringmuskels.
Nein, die Erosion ist ein nur bis ins Stratum papillare reichender Substanzdefekt, der narbenlos abheilt.
Diagnose
Wählen Sie die richtige Diagnose:
Nein, falsch. Die toxische epidermale Nekrolyse bezeichnet eine schwerste Medikamentennebenwirkung an Haut und Schleimhaut mit grossflächigen Epidermisablösungen und Schleimhauterosionen.
Richtig, es handelt sich um ein Dekubitalulkus, ein durch längerdauernde Druckeinwirkung (<2 h)bedingter Hautdefekt über einer Auflagestelle.
Nein, diese Hautveränderung hat sich diese Patientin nicht absichtlich zugefügt.
Falsch. Vergleiche die Cyberlecture. Die Dermatomyositis ist eine systemische entzündliche Autoimmunerkrankung, welche Haut und Muskulatur betrifft.
Therapie
Wählen Sie die richtige(n) Therapie(n):
Sowohl für Therapie, als auch für Prävention gilt: Konsequente Druckentlastung bei bettlägerigen Patienten! D.h. Umlagern ist wichtig, aber da zwei Stunden Ischämie genügen, um ein Dekubitus zu induzieren, muss spätestens alle 2 Stunden umgelagert werden. Stabilisierung mit entsprechenden Kissen in leichter Schräglage (Entlastung von Sakrum und Trochanter gleichzeitig).
Richtig, Superweichmatratzen oder maschinell betriebene Luftmatratzen mit automatischer Druckumverteilung können eingesetzt werden.
Ja, richtig. Lokale Therapie nach dem Prinzip der feuchten Wundbehandlung ist richtig. Gleichzeitig ist aber die Druckentlastung (Umlagerung, Superweich-Matratze, etc.) unabdingbar.
Ja, bei Dekubitalulzera im Stadium III und IV (vgl. CyberLecture), wird der eigentliche Gewebeschaden inspektorisch oft unterschätzt. Ein chirurgisches Debridement ist nötig, im Stadium IV oft auch eine Lappenplastik.
Test
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